Mittwoch, 22. März 2006
Der Arabella-Effekt
Als wir heute morgen mit dem Tuktuk zu den Tempeln gefahren sind, hat uns ein Bulle beim Linksabbiegen rausgewunken, obwohl eigentlich alles korrekt war, die Kreuzung war nur voelleig ueberfuellt und die, die von links kamen und nach links wollten, haben gedraengelt. Kann man sihc das vorstellen? Wie auch immer. Der Lonely Planet Kambodscha, der raubkopiert 2 $ statt 22 $ kostet, sagt, dass die wirklichen Verbrecher im Lande die Cops sind. Recht hamse da, eine Farce, die Jungs hier. Rausgewunken, mit dem Fahrer hinter eine Ecke gegangen und Schwarzgeld kassiert. Der Fahrer sollte an uns fuer den ganzen Tag 8 $ verdienen und musste davon praktisch 3 Kroeten abdruecken ("Vietnam police is so bad, they're so bad", sagte er immer wieder). Der tat mir so leid, dass ich ihm beim ersten Tempel die 3 doofen Dollar gegeben hab, dachte, er koenne sich vielleicht keine Suppe oder kein Wasser kaufen, waehrend wir unterwegs sind. Hat der Augen gemacht, Wahnsinn.
Endlich war es mal bewoeklt, man musste nicht schon um 0900 dahinschmilzen, und wir kommen an einem Tempel an. Da hingen dann ein 'Bishop' und ein Paar seiner (ich nenne sie mal) Juenger ab und sammelten Geld fuer Waisenkinder, behinderte Kinder etc., die haben uns einen Zellel mti wichtigem Stempel gezeigt und auf den Kindergarten oder die Schule einige Meter weiter gezeigt. Als wir dann jeder 10 $ gespendet haben, sind die fast auf die Knie gefallen alle, war irgendwie auch unangenehm, aber bei den vielen Belltern hier weiss mn nicht, wem man geben soll und wer nur bettelanschaffen geht oder wer fuer Sniffer-Klebstoff sammelt (sind richtig viele Kids in den Strassen). Zwei gute Taten, heute waere ich kurz mal in den Himmel gekommen vielleicht. Kenneth natuerlich auch. Als wir dann zurueck beim Wagen waren, hatte unser Fahrer uns zum Dank Palmenfruechte gekauft, so geschaelt und in einer Plastiktuete, wie hier nahezu alles verscheuert wird, auch Saefte. Die Freuchte haben wie ausgelutschter Sellerie geschmeckt und hatten eine Konsistenz wie Litschis. Im naechsten Tempel haben wir die Dinger dann heimlich entsorgt. Naechster Tempel: vorne sitzen zwei Polizisten, kommt oefter vor, wir gehen rein, drinnen auch Polizisten. Der eine fragt mich, ob ich seine Muetze haben will. Noenoe, denke ich mir und sage es auch. Ich soll mal herkommen. Okay, Mist. Ich soll mal auf seine Polizeimarke gucken und ihm sagen, wieviel ich ihm dafuer gebe. Haeaeae? Haelt der mir sein abgebrabbeltes Abzeichen hin und will Geld von mir. Entweder das war kein Bulle und die Marke falsch oder doch und dann haetten mich die draussen geschnappt und ich haette blechen muessen wegen Amtsanmassung oder was? Himmeloaschundzwirn. Ich hab dankend abgelehnt. Im naechsten Tempel verfolgte die Polizei dann ein kleines Maedel, das Zeug in den Tempeln verkauft hat. Davon gibt's hunderte oder tausende, und alle, auch die legalen an den Staenden, rufen immer und immer und immer wieder ziemlich laut und im exakt selben Tonfall: 'Hello siiiir, want a cold driiiink? Hello mister, want wateeer? Want to eaeaeat? Need battery or fiiiiilm? Want to buy postcaaaard?' Habe noch nie so oft und so schnell 'No, thank You' gesagt. Die neue Strategie ist, den Leuten was von uns anzubieten oder die Kiddies zum Beispiel zu fragen, welche Farbe ihr Haus hat. Das geht wunderbar, die sind erstmal perplex oder lachen und stellen ihre gleiche Frage nicht ein elftes Mal. Im naechsten Tempel, dem wirklich huebschen und sich vom Rest abhebenden Frauentempel, haben wir dann die laut Planet giftigste Schlange der Region gesehen, die Haluman-Schlange. Gestern bin ich beinahe in eine 15 bis 20 cm grosse Spinne, die so in ihrem Netz hing, reingelaufen, Kenneth sei Dank nicht, der hat mich am Rucksack gezupft. Soviel zur Tierwelt.

Ich bin oft arg genervt, wenn ich Touristen mit Einheimischen kommunizieren sehe. Die meisten, die kacke sind, sind echte Klischeetouris, dick, weiss-rot, haesslich und laut, koennen nach einem Monat im Land noch immer nicht 'ja', 'nein', 'danke', und 'bitte' in der Landessprache sagen, aber haben einen Tonfall drauf, das geht auf keine Kuhhaut, echt zum Kotzen. Und die Locals bleiben natuerlich immer schoen freundlich, die haben halt Hunger. Ich bekomme hier immer mal wieder dieses Arabella-Kiesbauer-Gefuehl: als das losging mit den Talkshows habe ich mich zum ersten Mal so sehr fuer die Menschen im TV geschaemt, dass ich einfach umschalten musste in manchen Situationen, selbst wenn ich alleine geglotzt hab. Kennt wohl jeder, ganz komisches Ding. Die Touri-Freaks jedenfalls werden wohl nie verstehen, dass Laecheln international ist und dass man damit sehr viel erreichen kann, plus Haende, Fuesse, Gesicht, alles eben. Ich versuche meistens nicht auf englisch zu bestellen, wenn die Karte nicht auf englisch ist, sondern wenn ich z.B. Milch zu meinem Tee moechte, dann halte ich mir die Zeigefinger an die Stirn, mache 'Muuuh!' und zeige dann in den Tee. Manchmal muss ich vormachen, wie man melkt, Luftkuhmelken sozusagen. Aber es klappt ganz toll, die Leute lachen, einige setzen sich zu einem und quatschen einen voll, keiner versteht was, na und?

Ueber das sex business habe ich mich scho ausgekotzt, oder? Haengt natuerlich auch in erster Linie mit Aussengelaendern zusammen. Genug gemault.

Ach so, unseren lieben Tuktukfahrer haben wir auf dem Rueckweg nach einem Restaurant mit Hundefleisch auf der Karte gefragt. Da hat er uns dann rausgeworfen und hey, das hatte ich mir wirklich anders vorgestellt. Das Hundefleisch schwarzbraun, zaeh, monsterfettig, voller Knochen, die Haut tierisch hart, ich dacht, ich brech mir 'nen Zahn ab. Ich hab vielleicht ein Drittel geschafft, dann war die Ekelgrenze erreicht, trotz meines Baerenhungers. Das Fleisch selbst war okay, aber die Zubereitung... es gab nicht mal Reis dazu. Vor dem Restaurant lag ein Hund. "Let's take the dog in a doggy bag and give it to the dog on the street", sagte Kenneth. Haben wir dann aber nicht gemacht. Eben ist eine SMS von ihm gekommen, er hat Lurchfall und das Biertrinken heute Abend entfaellt. Die Zikaden habe soeben wieder auf Kommando angefangen zu surren, Zeit fuer einen Nachtisch und ein Paar Seiten Buch lesen.

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Waffengeiler Zivi
In Phnom Penh habe ich mir mit Kenneth die Killing Fields angeschaut. Das ist eine zum Grossteil ausgehobene Massengraebersammlung, Monsieur Pot hat anscheinend persoenlich mitgeholfen, tausende von Intellektuellen, Aerzten und diversen anderen Ungleichgesinnten, aber auch Kinder und Frauen, umzubringen. Unser Guide hat ziemlich ausfuehrlich berichtet, wie die Menschen getoetet wurden, ganz schoen eklig. In der Mitte der Gedenkstaette steht ein hoher Glassturm mit 8000 Schaedeln, Gebeinen und zerfetzter Kleidung.
Jeder Tuktuk-Fahrer in der Stadt will einem die Tour zu den Killing Fields andrehen, aber wie Kenneth schon sagte: 'So interessant war's ja nun auch wieder nicht, ein bisschen wenig Erklaerungen, nur das grasbewachsene Feld und der Turm...'. Und wie wir seit Otto wissen: Daenen luegen nicht. (Kenneth ist Daene, schrob ich das schon?)
Also Kontrastprogramm: Ab auf die Shooting Range. Auf einem Militaergelaende ist ein privater Schiessstand aufgebaut. Da kann man fuer viel Geld alle moeglichen Feuerwaffen ausprobieren und auf boese dreinschauende Papiergangster ballern. Ich habe mich zunaechst fuer die leichte Kost entschieden, eine 22mm Pistole 'MZ irgendwas'. Dann konnte ich mir die Kalaschnikow nicht verkneifen, Einzel- und Dauerfeuer. Und dann - als alle inklusive mir ihre Rucksaecke schon wieder auf hatten und los wollten - musste ich doch nochmal die Pump Gun ausprobieren, Geduld Herrschften, das hier ist sehr wichtig. Naja, Spass gemacht hat's allemal, nur hat sich's ziemlich plastikmaessig unecht angefuehlt. Ich dachte, der Rueckschlag haut mich um, aber nix is. Und wirklich laut war nur die AK47. Meine Gangster haben ziemlich viele schmerzhafte Bauchschuesse hinnehmen muessen, sind aber tapfer stehengeblieben. Habe die Papierblaetter natuerlich im Gepaeck. Ach ja, Kostenpunkt: 37 $, alter Falter, fuer so ein bisschen Quatsch. Mama, ich brauch mehr Geld. :o)
Am naechsten Morgen bin ich dann aus Phnom Penh abgehauen. Ist eine ziemlich tote Stadt, dafuer dass es die groesste ist in Kambodscha. Am Wochenende sind die meisten Laeden schon um 2300 zu. Jetzt sitze ich gerade in Siem Reap, der Stadt suedlich von Angkor. Mein Zimmer kostet 3 $, dafuer gibt's weder Bettdecke noch Klimaanlage noch Moskitonetz noch Klopapier. Dafuer billig und recht ruhig mal zur Abwechslung, bis auf die Karaokebar nebenan, die macht allerdings schon um 2400 Feierabend. Gestern habe ich mit Kenneth Angkor Wat, Thom und wie sie nicht alle heissen, besichtigt. Bei 40 Grad im Schatten und Windstille. Trief. Ist schon toll, keine Frage, habe 100 Fotos gemacht, voellig uebertrieben, werde mich heute zuegeln. A propos Fotos: Katha, ich kann von hier aus nichts in den Blog hochladen, weil die erstens fast nie DVD-ROMs haben und zweitens muesste ich die Fotos 'schlechter aufloesen' oder wie auch immer man das nennen soll, runtersamplen oder was? Die sind zu gross jedenfalls. Also mache ich das, wenn ich zuhause bin, versprechomat.
Jetzt reisse ich mir zum Fruehstueck wieder ein Huhn auf der Strasse, wie jeden morgen, freilaufend ist gesund, heisst es doch. Man bekommt hier so coole SARS-Infozettel in die Hand, wenn man ins Land reist, aber das hat ja mit den Huehnern nichts zu tun.
Mir ist zu Ohren gekommen, dass das Wetter wieder okay sei in Doidschlaend, sehr schoen, dann traue ich mich auch wieder zurueck, keine Horrormeldungen mehr wie '-10 Grad in HH' und so.
Ave.

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